Unsere Prüfungstipps

Jeder Prüfling muß sich die für sein Fach geltende Prüfungsordnung bereits bei Aufnahme des Studiums oder der Ausbildung ( heute meistens im Internet abrufbar ) baldigst besorgen, genau durchlesen und alle darin enthaltenen Prüfungsfristen, wie Prüfungszulassungs- und Prüfungsanmeldefristen, Prüfungsablegungsfristen, Prüfungswiederholungsfristen, Prüfungs-Zweitwiederholungs-Antragsfristen, Einwendungsfristen, Rechtsmittelfristen, u.s.w. genau merken und notieren. Viele Prüflinge scheitern, weil sie ihre Prüfungsordnung nicht rechtzeitig und nicht genau kennen. Das Prüfungsamt oder Prüfungsbehörde oder das Ministerium muß jede Prüfungsordnung oder Studienordnung oder Schulordnung veröffentlichen und jedem Prüfling die Möglichkeit zur Kenntnis geben.

Prüfungsvergünstigungen, z. B. wegen Schreibzeitverlängerung, müssen rechtzeitig vor der Zulassung zur oder Ablegung der Prüfung beantragt werden.

Zu jeder wichtigen mündlichen Berufszugangsprüfung darf wegen der gebotenen Öffentlichkeit des Prüfungsverfahrens ein fachkundiger und dem Prüfling vertrauter Zuhörer mitgenommen werden, der später im Prozeß evtl. als Zeuge für den Prüfling auftreten kann, wenn dieser offensichtlich ungerecht und fehlerhaft benotet wurde.

Diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts seit 1991 wird noch heute immer wieder missachtet.

Bei jedem Anzeichen von Krankheit, sofort vor der Prüfung einen Arzt aufsuchen und den Prüfungsrücktritt förmlich, d.h. schriftlich oder zumindest im Eilfall telefonisch dem Prüfungsamt gegenüber unverzüglich erklären, denn sonst geht der Prüfling das Risiko ein, daß sein Rücktritt als verspätet und unzulässig abgelehnt wird. Ärztliches Attest beifügen oder nachreichen. Die genaue Krankheitsdiagnose muss der Prüfling nicht wisssen,, es genügt, wenn er nach der Laiensphäre annehmen muss, dass er gesundheitlich nicht prüfungsfähig ist.

Oft ist die Vorlage eines vertrauensärztlichen oder amtsärztlichen Attestes vorgeschrieben. Zusätzlich zum Amtsarzt, wenn möglich vorher, den Arzt des Vertrauens aufsuchen !

Wird es einem Prüfling während der Prüfung schlecht und er fühlt sich nicht mehr prüfungsfähig, so soll er möglichst sofort zurücktreten, er muß allerdings nicht während der Prüfung zurücktreten, sondern kann dies nach der Prüfung tun. Man muß dies aber unverzüglich noch am gleichen oder bei besonderen Umständen spätestens am nächsten Tag tun und zwar schriftlich gegenüber der Prüfungsbehörde unter Attestvorlage. Kann das ärztliche Attest noch nicht erlangt werden, muß es baldigst nachgereicht werden, mit dem nachträglichen Prüfungsrücktritt jedenfalls nicht zuwarten.

Unfaire Prüfungsbedingungen, z.B. Lärm, Kälte im Prüfungsraum, Rauchen oder ungebührliches Benehmen und befangenes Verhalten des Prüfers müssen sofort gerügt werden. Bei Meisterprüfungen oder Dolmetscherprüfungen oder sonstigen Prüfungen in freien Berufen oder auch an der Uni kann -bei Habilitationen zuweilen der größte Konkurrent oder fachliche Gegner des Prüflings dessen Prüfer sein. Derartige Tatsachen oder Vorkommnisse müssen, wie alle Prüfungsverfahrensfehler, sofort nach Kenntnismöglichkeit des Prüflings gegenüber den Prüfern oder der Prüfungsaufsicht nachweisbar gerügt werden, spätestens aber unverzüglich schriftlich nach der Prüfung gegenüber dem Prüfungsamt, sonst ist die Formelle Verfahrensrüge verfristet !

Befangene Prüfer, die z. B. gegenüber dem Prüfling objektiv unsachliche Äußerungen machen, darf man wegen berechtigter Besorgnis der Befangenheit  als Prüfer  unverzüglich ablehnen. Hier einige Beispiele des Bundesverwaltungsgerichts und aus der Praxis: „Sie reden ja wie Jürgen von Manger” (hier sollte der westfälische Dialekt des Prüflings karikiert werden) Oder: „Hier werden keine Noten verschenkt, sind Sie sich dessen bewußt? Wenn Sie mir noch mal 11, 12 Punkte liefern, sind Sie gnadenlos weg. Sind Sie sich dessen wirklich bewußt? Bei vielen geht es um Leben und Tod. Im anderen Prüfungssaal ist schon einer zusammengebrochen.” Oder: Prüfer zum Prüfling: „Sie wissen, ich bin ein Charakterschwein.” (diesen Ausdruck, den ein Professor gegenüber einer Studentin vor der mündlichen Prüfung geäußert hat, hatte der unselige Präsident des Volksgerichtshofes Freisler gegenüber Angeklagten aus dem Deutschen Widerstand gegen Hitler gebraucht, müssen unverzüglich schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Prüfungsamtes wegen berechtigter Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Ist der Ablehnungsgrund vor der Prüfung bekannt, sofort schriftlich vorher rügen und anderen Prüfer beantragen !

Alle Prüfungsverfahrensfehler, d. h. wegen Verhältnissen, die die prüfungsrechtliche Chancengleichheit beeinträchtigen, (z. B. zu kurze Prüfungszeit, Übergehen eines Prüflings durch Prüfer, unzumutbare Arbeitsbedingungen, fehlendes Arbeitsmaterial, unzumutbarer Arbeitsplatz, fehlendes Prüfungsmaterial, unfairer oder  offensichtlich fachlich unqualifizierter Prüfer), müssen unverzüglich (= ohne schuldhaftes Zögern , dies bedeutet aber, dass man je nach den Umständen auch noch vorher eine anwaltliche Auskunft einholen darf)  gerügt werden und zwar  gegenüber dem Prüfer oder der Prüfungsaufsicht und dem Prüfungsamt und später dem Gericht gegenüber nachweisbar, also am besten zu Protokoll der Prüfungsbehörde oder der Prüfungsaufsicht, am besten schriftlich, zur Sicherheit per Einschreiben mit Rückschein oder per Boten gegenüber dem Prüfungsamt (Empfangsnachweis von der Prüfungsbehörde verlangen) !

Ist einem Prüfling nach einer mündlichen Prüfung mitgeteilt worden, er habe nicht bestanden, hat er das Recht sofort eine schriftliche Begründung für die Nichtbestehensentscheidung zu fordern. Er muß dies unverzüglich tun. Erhält er dann die Begründung, kann er seinerseits in aller Ruhe seine fachlichen Einwendungen schriftlich substantiiert und spezifiziert erheben. Dies muß baldigst geschehen, unter Beifügung von fachlichen Beweismitteln, z. B. Kopien von Lehrbuchauszügen oder Gutachten von Fachleuten, die beweisen, dass die Lösung des Prüflings richtig oder vertretbar ist.

Auch die Begründungspflicht der schriftlichen Prüfungsentscheidung durch den Prüfer besteht wie bei der mündlichen Prüfung auf unverzügliche schriftliche Anforderung durch den Prüfling. Der Prüfling hat das Recht auf Akteneinsicht, um seine Arbeit zu überprüfen. Jeder Prüfling hat das Recht, spezifizierte und begründete fachliche Einwendungen gegen die Aufgabenstellung, die Korrektur und die Bewertung zu erheben. Er soll seine fachliche Ansicht schriftlich belegen durch Gutachten, Lehrbuchauszüge u.s.w. und kann z.B. vortragen, daß seine Lösung die allein richtige, oder auch neben der Musterlösung fachlich vertretbar ist oder daß die Prüfer fachlich korrekte Ausführungen übersehen haben. Der Prüfling hat einen fachlichen Beantwortungsspielraum. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgeríchts und des Bundesverwaltungsgerichts darf eine mit guten fachlichen Gründen begründete Lösung des Prüflings nicht als falsch bewertet werden. Nur bei den sogenannten prüfungsspezifischen Wertungen (z.B. Aufgabenschwierigkeit und Vergleichbarkeit mit anderen Lösungen) hat der Prüfer einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren prüfungsrechtlichen Beurteilungsspielraum.

Ist ein Prüfling durchgefallen, wiederholt oder gar endgültig gescheitert und will noch einmal zu einer zweiten Wiederholungsprüfung zugelassen werden oder will er nachträglich von der Prüfung zurücktreten, soll er sofort die Antragsfrist zur Beantragung oder Ablegung der Wiederholungsprüfung nach der Prüfungsordnung und die Rechtsmittelfrist (Widerspruchsfrist oder Klagefrist, meist 1 Monat ab Zustellung oder Bekantgabe der Prüfungsnote ) notieren.

Besonders zusätzlich zu beachten sind auch oft die wenig bekannten und versteckten zusätzlichen Einwendungsfristen für fachliche Bewertungsrügen,  z.B. bei Bayerischen Staatsprüfungen von  einem Monat  und  die Begründungsfrist für diese Einwendungen von 2 Monaten nach Bekanntgabe der Prüfungsnote gegen den Prüfungsbescheid ( vgl. z. B. § 14 Abs.2  BayJAPO).

Diese Fristen sind absolute materielle Ausschlussfristen! Man soll sie sofort notieren und dann unverzüglich Spezialisten im Prüfungsrecht, insbesondere Fachanwälte für Verwaltungsrecht mit Fachschwerpunkt Prüfungsrecht aufsuchen.

Die Rechtsprechung im Prüfungsrecht ist seit der fundamentalen Urteile des BVerfG und des BVerwG  seit 1991 sehr umfangreich. Besonders der gebotene Grundrechtsschutz des Prüflings durch faires Verfahren bei berufsbezogenen Prüfungen wird aber nach wie vor leider allzu oft missachtet.

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